Historischer Verein Wegberg e.V.

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Geschichte der Gemeinde Wegberg

- VI. Geschichte der Außenorte


Auszug aus: Adolf Vollmer (1912) Geschichte der Gemeinde Wegberg, S. 106 ff.
Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit und im Besonderen zur Wiedergabe auf mobilen Endgeräten wurden an einigen wenigen Stellen Änderungen in der Darstellung vorgenommen. Die Hervorhebungen zum besseren Auffinden von Namen und Daten befinden sich nicht im Original.


Nachdem im Vorstehenden die Geschichte der Gesamtgemeinde wie des Hauptortes Wegberg behandelt wurde, bleibt uns noch eine Sonder-Betrachtung der übrigen zur Gemeinde gehörenden Ortschaften übrig, die sämtlich bereits in den Rentenverzeichnissen der Pfarrei Wegberg von 1505 erwähnt werden und stets mit der Gemeinde verbunden waren.


1. Harbeck-Hau.

Langgestrecktes Dorf an der Provinzialstraße Erkelenz—Kaldenkirchen nördlich von Wegberg und dicht bei diesem Orte jenseits der Eisenbahnlinie gelegen. Es hatte 1910 = 168 männliche, 157 weibliche, zusammen 325 Einwohner, 60 bewohnte Wohnhäuser, 65 Haushaltungen. Die Bevölkerung besteht aus Landwirten und Fabrikarbeitern.


2. Dorp.

Dicht bei Wegberg nördlich desselben jenseits der Eisenbahnlinie an der Provinzialstraße Wegberg—Dülken gelegen, zählte der Weiler Dorp 1910
= 46 männliche, 54 weibliche, zusammen 100 Einwohner, 20 Haushaltungen
in 18 bewohnten Wohnhäusern. Es hat eine Ölmühle, die sog. Kringsmühle.



3. Bissen

Dicht bei Wegberg, 0,5 km südwestlich desselben an der Provinzialstraße Wegberg—Klinkum—Arsbeck gelegen, zählte der Weiler Bissen 1910 = 27 Haushaltungen mit 74 männlichen, 80 weiblichen, zusammen 154 Einwohner in 23 bewohnten Wohnhäusern. Es hat eine Wassermühle, die sog. Lohmühle und eine kleinere Dampfmahlmühle.


4. Watern.

An dem Gemeindeweg Wegberg—Tüschenbroich 1 km südlich Wegberg's gelegen, zählte der Weiler Watern mit dem Felderhof 1910 = 24 Haushaltungen mit 74 männlichen, 63 weiblichen, zusammen 137 Einwohner in 22 Wohnhäusern.

In Watern liegt die Bocken- und die Bischofsmühle an dem von Tüschenbroich kommenden Fußbach.


5. Großgerichhausen.

Das links des Beecker Baches östlich von Wegberg gelegene Großgerichhausen gehört zur Gemeinde Wegberg, während das rechts dieses Baches gelegene Kleingerichhausen zur Gemeinde Beeck gehört. Großgerichhausen zählte 1910 = 7 Haushaltungen mit 21 männlichen, 17 weiblichen, zusammen 38 Einwohner in 7 Wohnhäusern. Tatsächlich ist Kleingerichhausen der größere Ort.
In Großgerichhausen lag früher der „Ortenhof“, eine größere burgähnliche Anlage, die im 19. Jahrhundert gänzlich abgebrannt ist. In alter Zeit soll der Ortenhof sehr bedeutend gewesen und die Höfe zu Uevekoven ihm spanndienstpflichtig gewesen sein. Bei Großgerichhausen liegt die Wasser- und Dampfmahlmühle „Ophovermühle“.


6. Uevekoven (S.108-112)

Das Dorf Uevekoven, 2,3 km südöstlich oberhalb von Wegberg und an dem Kopfe des ansteigenden Geländes gelegen, wird von der Provinzialstraße Erkelenz—Wegberg durchschnitten, von welcher bei der Kapelle die dicht bebaute Dorfstraße abzweigt.

Es zählte 1910 = 81 Haushaltungen mit 210 männlichen, 204 weiblichen, zusammen 414 Einwohner in 81 bewohnten und 5 unbewohnten Wohnhäusern.

In ältester Zeit bestand Uevekoven der Überlieferung nach aus 3 Höfen, dem Stamms-, dem Steins- und dem St. Niclashof. Diese Höfe sollen dem bei Wegberg-Großgerichhausen liegenden „Ortenhof“ dienstpflichtig gewesen sein. Als nun der Junker vom Ortenhof eines Tages die Gespanne von dort erwartete, blieben diese aus. Er beauftragte einen Knecht, eimnal zu „oeven“ (soviel wie äugen, schauen) ob die von den Höfen noch nicht in Sicht seien. Daraus soll der Name Oevenhofen, später Uevekoven entstanden sein.

Der St. Niclas-Altar in der Pfarrkirche zu Wegberg war schon 1505 mit dem Niclashof zu Uevekoven bestiftet.

Uevekoven wird in den Wegberger Kirchenbüchern 1505 Uvekoven, 1683 als Euffenkopffen, 1692 als Uvekoven bezeichnet. Uevekoven ist ein ruhiger, in dichtem Zusammenhang gebauter Ort mit fast nur landwirtschaftlicher und ziemlich wohlhabender Bevölkerung. Die Häuser des Orts stammen meistens aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und tragen manchmal Jahreszahl und Türbalken-Inschrift wie z. B. am Hause Nr. 84:
 
ANNO 1749 DEN 11. NOVEMBER IST DESE BAV JN GOTTES NAHMEN AVFGERICHTET DVRCH BEYDE EHE LEVTH: H: K: VND: C: L: PKC.
 
Am Hause Nr. 81:
 
GOTT BEHÜT DIESES HAVS VND ALLE DIE GEHEN EIN VND AVS. ANNO 1773 DEN 6. MAI ANNA CATHARINA SCHMITZ WETEP COHNEN.

An der Stelle der jetzigen im gotischen Stil erbauten Kapelle stand bis dahin eine Kapelle aus dem 18. Jahrhundert, ein einfacher Ziegelbau mit geschweiftem Westgiebel. Ein Holzanker trug die Jahreszahl 1785. Von der alten Ausstattung sind zu erwähnen, ein einfacher Barockaltar mit einem bürgerlichen Doppelwappen, eine Holzfigur der hl. Katharina, gute niederrheinische Skulptur aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, ferner eine sehr gute kleine Kreuzigungsgruppe aus Birn- oder Apfelbaumholz 35 Zentimeter hoch, niederrheinische Skulptur aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die erwähnte Figur der hl. Katharina wird jetzt auf einem Speicher, die Kreuzigungsgruppe in der Kapelle unter Verschluß aufbewahrt. Von letzterer wurden leider bei einem Einbruch im Juli 1910 die beiden Figuren der hl. Maria und des hl. Johannes entwendet, vermutlich von 2 Ausländern, die sich kurz vorher die Figuren hatten zeigen lassen.

Die neue Kapelle ist nur mit neuen Ausstattungsstücken versehen, das Mittelstück des Altars zeigt eine vergrößerte Nachbildung der obengenannten Kreuzigungsgruppe. Die neue Ausstattung wurde von dem Bildhauer Alex Iven zu Cöln geliefert, die alte Ausstattung wurde 1904 verkauft.

Die Grundsteinlegung zu der an der Stelle der alten erbauten neuen Kapelle im gotischen Stile erfolgte 1903, ihre Einweihung am 4. Dezember 1904.

Um bei der geringen eigenen Einwohnerzahl von 318 Seelen die Erhebung zur Pfarre im Jahre 1804 zu erreichen, bediente sich Rickelrath — ich folge hier einem Bericht des damaligen Bürgermeisters Dillen vom 2. Oktober 1826 — (Gemeindearchiv) „des Betruges, daß sie die Seelenzahl der Gemeinde Uevekoven, wo auch eine von ihrem damaligen Rektor bediente Kapelle war, mit aufzählten. Nicht wenig erschrak nun das Dorf Uevekoven über seine Hinweisung zur neuen Pfarrkirche von Rickelrath, wovon es über eine Stunde entfernt war und wohin es keinen anderen Weg, als durch seine bisherige Pfarre Wegberg oder durch die Nachbarpfarre Beeck hatte. Indessen durch viele Bemühungen des damaligen Geistlichen und des weltlichen Gemeindevorstandes wurde dies Mißverhältnis glücklich gehoben und nicht nur Uevekoven, sondern alle übrigen Dörfer Lütticherseits welche der neuen Organisation gemäß nicht mehr bei ihrer alten Pfarrkirche Wegberg bleiben sollten, demnach dabei belassen. Nur die Bedienung der Uevekovener Kapelle selbst, wo einige Jahrmessen gestiftet sind, blieb nach wie vor dem nunmehrigen Pfarrer von Rickelrath, muß aber auch jetzt vernünftigerweise aufhören.“ Amtlich gehörte Uevekoven jedoch nach wie vor zur Pfarre Rickelrath bis unterm 30. Juli 1827 der damalige Erzbischof von Cöln, Graf Spiegel zum Desenberg und Cannstein folgende Urkunde erließ:
 
Urkunde Nr. 17 (Gemeindearchiv.)
 
„Es ist zu unserer Kenntnis gebracht worden, wie das Dorf Uevekoven mit seiner Kapelle im Dekanate und Kreise Erkelenz, Regierungsbezirk von Aachen belegen, welches bis jeher zum Pfarrsprengel von Wegberg im Dekanat Erkelenz gehörte, bei der Organisation der Diöcesen zur Zeit der französischen Herrschaft vom Pfarrverbande mit der Kirche zu Wegberg losgerissen und mit der damals neu errichteten Pfarrei Rickelrath vereinigt worden ist; daß aber das Dorf Uevekoven etwa eine Stunde von Rickelrath entfernt sei, und der gerade Weg von Rickelrath durch Wegberg führe.

Da mithin nach der topographischen Lage diese Ortschaften die Einpfarrung von Uevekoven nach Rickelrath ganz ungeeignet und den Bewohnern von Uevekoven in mancher Hinsicht nachteilig befunden wird, welchem Ubelstande anerkennend der bischöfliche Kommissar der Diöcese Lüttich schon im Jahre 1806 gleich nach der Organisation dem Verwalter der Pfarrei Wegberg die Fakultät Uevekoven zu administrieren erteilt hat, so haben Wir im Einverständnis mit der Königlichen Hochlöblichen Regierung zu Aachen es ganz zweckmäßig und notwendig gefunden, das Dorf Uevekoven mit seiner Kapelle von der Pfarrei Rickelrath im Dekanat Erkelenz zu trennen und mit der Pfarre Wegberg selbigen Dekanats zu vereinigen und trennen durch gegenwärtiges das genannte Dorf Uevekoven von Rickelrath, vereinigen dasselbe nebst der Kapelle mit Wegberg und übertragen dem zeitlichen Pfarrer von Wegberg die geistliche Pfarr-Gerechtsame über alle katholischen Einwohner von Uevekoven, sowie die Anordnung und Leitung des Gottesdienstes in der Kapelle daselbst, ermächtigen auch zugleich den Kirchenvorstand von Wegberg, alle auf das Dorf Uevekoven und die Kapelle daselbst Bezug habende Papiere, Dokumente, Register und Urkunden jeder Art von dem Kirchenvorstand in Rickelrath sich aushändigen zu lassen, sich in den Besitz aller Renten und Gefälle besagter Kapelle zu setzen und dieselbe nach den bestehenden Gesetzen zu verwalten.
 
Dem zeitlichen Pfarrer von Rickelrath soll jedoch das Recht nicht benommen seyn, die vor und nach in der Kapelle (zu Uevekoven) gestifteten und von dem ehemaligen Bischofe zu Roermond seit 1683 dem zeitlichen Rektor in Rickelrath zur Verbesserung der schwachen Einkünfte desselben überwiesenen hl. Messen in der genannten Kapelle zu halten, weshalb Wir den Kirchenvorstand von Wegberg hierdurch beauftragen, dem Pfarrer von Rickelrath das stiftungsmäßige Stipendium für diese Messen zur bestimmten Zeit auszuzahlen.“

Am 28. September 1785 beschloß die Gemeindeversammlung, wie in Wegberg, Klinkum und Rickelrath so auch in Uevekoven eine Schule zu errichten. (Näheres siehe bei Schule Wegberg.)

Im Jahre 1817 wurde ein neues Schulgebäude mit Lehrer-Wohnung errichtet. Der Platz zum Bauen, sowie das erforderliche Material wurden von den Einsassen von Uevekoven geschenkt und die Bau- und Einrichtungskosten ans dem Abfall der geschenkten Bäume gedeckt.

1861 wurde das jetzige Schulgebäude errichtet. Die Kosten betrugen einschließlich Grunderwerb 2538 Thlr. 17 Sgr. 2 Pfg., welche durch eine Anleihe bei der Armenverwaltung im Betrage von 1600 Thlr., im übrigen aber durch Umlage aufgebracht wurden.

1862 wurde noch ein Stallgebäude und Spritzenhaus angebaut – Kosten 563 Thlr. – und das alte Schulgebäude für 420 Thlr. verkauft.
 
Ende 1911 wurde die Dorfstraße in Uevekoven mit einem Kostenaufwand von 2800 Mk. mit einer Basaltdecke versehen.


7. Rickelrath.

um 966 Richolferod, um 1400 Ricolferod, 1683 Reickelrath genannt, ist eine Exclave der Gemeinde, 3,3 km nördlich von Wegberg, welche nur an der Molsmühle durch einen ganz schmalen Streifen mit den übrigen Gemeindeteilen zusammenhängt.

Das Dorf Rickelrath hat sich in hohem Maße die für die hiesige Gegend charakteristische ländliche Bauart bewahrt. Eine große Zahl der Häuser, bezw. Wirtschaftsgebäude ist noch mit Schilfdächern versehen. Die Häuser sind kranzförmig um die Kirche gruppiert und schließen einen größeren Platz ein, der mit Obstbäumen bestanden ist und über welchen die Provinzialstraße führt. Namentlich zur Zeit der Obstblüte macht der Ort einen idyllischen, Frieden atmenden Eindruck. Deswegen und wegen der den Ort einschließenden Waldungen mit schönen Spaziergängen bildet der Ort das Ziel vieler Ausflügler. Einige schöne alte Häuser daselbst sind hier abgebildet.


Es zählte 1910 = 83 Haushaltungen mit 211 männlichen, 228 weiblichen, zusammen 439 Einwohner in 82 bewohnten und 4 unbewohnten Wohnhäusern.

Rickelrath ist allseitig von Bächen umgeben, und zwar von dem Schwalm-, dem Mühlen- und dem Hellbach. An diesen Bächen liegen die Holt-, Schroif-, Mols und Neumühle, zu Rickelrath gehörig.

Rickelrath kommt schon in Urkunden vom 10. Jahrhundert vor und gehörte damals mit Erkelenz und anderen Orten im Mühlgau einem Grafen Immo, welcher die Besitztümer im Jahre 966 dem Kaiser Otto dem I. abtrat und dafür andere bei Tongern erhielt. Kaiser Otto schenkte dann diese Güter dem Krönungsstift der hl. Jungfrau zu Aachen, welches auch die Grundherrlichkeit bis zur französischen Eroberung (1794) behielt. (Kaltenbach S. 283 und 303.)

Im 17. Jahrhundert war die Besiedlung soweit fortgeschritten, daß im Jahre 1683 ein Vicar von Oberkrüchten auf eigene Verantwortung hin in Rickelrath eine Kapelle erbaute, woran 1690 ein Beneficium errichtet wurde. 1700 wird die Kapelle an die Kapuziner zu Sittard übertragen. 1710 wurde wieder gebaut, vermutlich in Verbindung mit der Kapelle oder an deren Stelle das noch jetzt stehende einfache Langhaus der Kirche. Nach dem Taufbuch von 1804 waren die alten Glocken vom Jahre 1625, 1425 und 1435 und trugen die Inschriften:
 
I. Dum sono, te moneo, vitae et moris memento Anno 1625 Christianus Nuckel gous mich.
II. Salvator mundi, beata Maria ego vocor 1425.
III. Ave Maria, gratia plena, dominus tecum.....XXXV.
 
Bei der Kirche werden Reliquien der hl. Apollonia verehrt, welche Rickelrath in der Oktave zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort machen.

Die Kirche und ihr Inneres ist sehr einfach gehalten, Kanzel, Altar und Orgelbühne stammen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

1830 wurde der Kirchturm angebaut, Kosten 828 Thlr., 16 Sgr., 10 Pfg.

Im Jahre 1804 wurde Rickelrath zur selbständigen Pfarre erhoben und der Diözese Lüttich zugeteilt. Durch die Bulle: De salute animarum kam sie 1822 zur Kölner Erzdiözese.

Zunächst war auch die eine Stunde von Rickelrath entfernt gelegene Ortschaft Uevekoven der neuen Pfarre zugeteilt, weil die Pfarre sonst zu klein gewesen wäre. Im Jahre 1827 erfolgte aber ihre Rückverweisung zur Pfarre Wegberg (s. unter Uevekoven).

An der Pfarrkirche fungierten:
 
Pfarrer Adams, 1804 – 1815, nach Elmpt versetzt,
Deservitor Breuer, 1815 — 1816, nach Merbeck versetzt,
Pfarrer Ludwigs, 1816 bis Ende 1817 versetzt,
Pfarrer Peter Wilh. Wanten, 1818 — 1835, 20. 10. gestorben,
Pfarrer Michael Feikes, 1835 — 1836, 21. 4. gestorben,
Pfarrer Matthäus Conrad Feikes, 1836 bis Juli 1878, gest.

Danach wurde die Pfarre durch Hilfsgeistliche verwaltet, bis am 12. September 1887 der noch jetzt amtierende Pfarrer Heinrich Hoffmann eingeführt wurde.

Nach einem alten Herkommen erhielt der Pfarrer außer seinen Geldeinkünften aus jedem Hause ein sogenanntes Kirchenbrot, was ungefähr 900 Pfd. Roggen ausmachte. Hierfür wurde 1859 eine Geldrente von 20 Thlr. eingeführt.

In der Nacht vom 27. auf den 28. August 1831 wurde in die Kirche eingebrochen, das Tabernakel erbrochen und dabei eine Monstranz, ein silbernes Ciborium und ein silbernes Gefäß von 2—3 Zoll Höhe zum Krankenbesuch gestohlen. Der Gesamtwert wird auf 86 Thlr. angegeben.

Am 13. Juni 1835, abends gegen 10 Uhr wurde durch eine Feuersbrunst 11 Wohnhäuser mit anhabenden Scheunen und Stallungen eingeäschert. Da hiervon nur drei versichert waren, so wurde zur Linderung der Not von dem damaligen Landrat Beermann eine Sammlung eingeleitet, die aus den Bürgermeistereien des Kreises und den angrenzenden Gemeinden außer einer großen Menge von Naturalien 396 Thlr,, 12 Sgr. 5 Pfg. einbrachte. Das Erträgnis wurde unter die Brandbetroffenen durch ein Komitee verteilt.

1840 wurde für 250 Thlr., 13 Sgr., 7 Pfg. eine neue Feuerspritze beschafft, die heute noch vorhanden ist,

1842 wurde ein Brandpfuhl angelegt, der jetzt jedoch nicht mehr vorhanden ist.
 
1847 die Schule erbaut, wozu eine Staatsbeihilfe von 402 Thlr. gewährt wurde. Bis dahin war die Schule in gemieteten Räumen untergebracht.
 
1863 ein Spritzen- und Latrinenhaus darangebaut; Kosten 233 Thlr.
 
1878 ist ein neuer Friedhof außerhalb des Ortes angelegt.


8. Tüschenbroich.

Der Name bezeichnet die Örtlichkeit „tuischen Broich = zwischen Sumpf“. Tatsächlich ist die ganze Gegend daselbst Quellgebiet der Schwalm und sumpfig.

Inmitten großer, bei der Gründung durch Frohnarbeit künstlich hergestellter Weiher erheben sich die Überreste des Schlosses „Tüschenbroich“.


Noch jetzt ist erkennbar, daß es sich um eine der größten und mächtigsten Burgen des niederrheinischen Flachlandes handelt, deren erste Besitzer zu der Klasse der am Niederrhein stark vertretenen Raubritter gehörten und die vielfach mit den berüchtigten Raubrittern von Gripekoven gemeinsam auftraten.

Tüschenbroich wird seit der Mitte des 16. Jahrhunderts als zum Amte Wassenberg gehörige Jülich'sche Unterherrschaft bezeichnet, der der Jülich'sche Anteil von Wegberg unterstellt war.

Ein sehr interessantes Verzeichnis der Lehnappertinentien des Hauses Tüschenbroich von 1717 führt in Ziffer 1 die Grenzen der Herrlichkeit Tüschenbroich auf, die sich im Wesentlichen mit den Grenzen des Jülich'schen Anteils der Gemeinde decken.

In den folgenden Punkten beschreibt das erwähnte Verzeichnis das Schloß zu Tüschenbroich mit seinem Zubehör wie folgt:
„Zweitens lieget daß jetzige Haus und Schloß Tüschenbroich wie solcheß von weiland Frantz, Freiherr von Spiering auß dem grundt new auferbauet worden undt in drey großen Flügelen, welche widerumb mit einen nideren Baw in der quadrangel zusamen gefüget – sambt zwey große Thüren undt einen großen Vorhoff oder area bestehet undt ohne dessen umbligenden Weyeren ongefehr eine Distantz von drey morgen begreiffet weilen aber diese geheuchter in hoher Mauren undt vollkommener standt sich befinden ....
3. dan ist zum dritten dieseß Haus zu Tüschenbroich vor Berachter maß mit breyten undt schönen Fischweyeren umbgeben, welche nach dem Augenschein woll ohngefähr bey acht morgen platz endhalten ....
4. in diesem Weyer zum Vierten findet sich vorhaupts Ein Bergh und bezack ringsumb von Wasser umbgeben ad ungefehr anderthalben morgen groß, worauf daß alte Hauß oder Schloß gestanden undt sich anjetzo weiterß nichts alß ein wildeß Holtzgewachs undt ein stück muerwerck thurmes befindet ....
5. zum fünften lieget vor dem Schloß ahn der Brügger der Holtzhoff undt halbwinarß Hauß mit scheur undt stallungs, welcher ebenfalls mit von dem Schloßweyer biß an die einfahrt mit umbzingelt ist undt starck einen morgen im Umbernitz endhaltet ....
6. nun leiget sechstens vor dem Schloß bei dem Vorhoff zur rechter Handt im außgehen der Schloßgarten ad ungefehr drey morgen, sodan der Beyen Bongardt ad ongefehr ein ½ morgen groß ....
21. Nun kombt hiezu zum ein und zwantzigsten die zwangbare Kohrenmühlen mit darbei verpachteten Garten fast an den Schloßweyeren gelegen, welche jederzeit jahrlichst rentirt ad 6½ rthlr in geld, sodan an Früchten vierzigh malter roggen, ein mltr weitzen und 150 Pfund Ferckenß-Fleisch.
22. ebener maßen zum zwey undt zwantzigsten gehört zum Schloß die zwangbahre olligsmühlen mit darbey verpfachteten Garten hinter an dem Schloßweyer gelegen welche gleichmäßig drißig rthlr in geld, drißig quarten Oly undt fünfzig rübkuchen und ein malder Kuchenmehl in pfacht ausbringen.“

Im weiteren sind in diesem Verzeichnis dann noch die ferneren zum Schloß gehörigen Güter und Ländereien aufgezählt, darunter 23. die 3 Lehn-Güter Graßengut, Gortzgut und Lintzengut, 36. der Dycker Hof, 37. der Schanzerhof mit Brühlerhof.

Das Verzeichnis gibt uns also eine gute Darstellung des damaligen Bauzustandes. Danach stand die ursprüngliche ältere Burganlage auf der inmitten des Weihers gelegenen runden Anhöhe. Reste derselben sind heute noch vorhanden. Erst nach dem Erwerb des Schlosses durch die Spierings (1624) wurde durch Freiherrn Franz von Spiering (gestorben 1649) die teilweise jetzt noch bestehende Schloßanlage von Grund auf neuerbaut, die der Überlieferung nach mit der alten Burg durch einen unterirdischen, unter dem Wasser herführenden Gang verbunden gewesen sein soll.
Heute ist das Schloß zum großen Teil zerfallen.

Rings von Wasser umgeben, fallen zunächst die Hauptgebäude, eine fast genau quadratische Anlage auf, von denen nur noch der nördliche Turm, der westliche Flügelbau ganz, der südliche Turm aber nur zum Teil erhalten sind. Von letzterem steht nur die äußere Hälfte und auch diese ist durch einen Blitzstrahl gespalten; der Rest des Turmes ist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingefallen.

Der Nordturm hat hohe, geschweifte Haube mit hoher geschlossener Laterne aus dem 17. und 18. Jahrhundert, im Erdgeschoß kleine Fensterchen, in den Obergeschossen schmale, quergeteilte Fenster in Hausteinfassung.

Von den übrigen Bauten des Schlosses stehen nur noch teilweise die Grundmauern, an der Nordseite allerdings noch bis zu 3 Meter über Erdboden. In der letzteren sind Schießscharten angebracht. In der Mitte steht noch das alte Eingangstor, Korbbogen mit Quadereinfassung in rechteckiger Blende mit Rollen für die Zugbrücke.
Vor dem hier gelegenen Eingang zur Burg, ebenfalls mit Wassergraben umgeben, lag der Holthof, der nach einer Notiz im Rentenverzeichnis der Pfarre Wegberg um 1721 abgebrochen wurde.

Die älteste Urkunde über Tüschenbroich stammt aus dem Jahre 1172 und befindet sich im Stadtarchiv zu Cöln. Die Abtei zu St. Veit zu M.-Gladbach kauft von Alard von Tüschenbroich und seinem Oheim Geldorf ein Allodium genannt Rackesleiden ad fossam (ein Hof in Hardt bei Gladbach), nachdem der Herzog von Limburg als Lehnsherr seine Zustimmung gegeben hatte. Wegen dieser Besitzung kam es zu einem Streit zwischen der Abtei und den Herren von Tüschenbroich, in dessen Verlauf die erstere ihren Schutzherrn, den Grafen von Odenkirchen anrief. Die mißlichen finanziellen Verhältnisse der Herren von Tüschenbroich schienen aber auch durch den Verkauf von Rackesleiden nicht behoben worden zu sein, denn 1188 wird sogar das Schloß Tüschenbroich selbst von Philipp von Heinsberg für die Kölner Kirche von dem Herzog von Limburg angekauft. (Mitteilungen aus dem Kölner Stadtarchiv XII S. 64.) Nun wechseln die Besitzer mehrfach. Im 13. Jahrhundert gehört das Schloß den Edelherren von Matlar, um 1450 kommt es durch Heirat an Johann von Melich, 1470 durch Heirat an Heinrich Hoen von dem Pesch und ein Teil an Syvaert von Eyll. 1563 ist Bernhard von Eyll Alleinbesitzer, dem sein Enkel Rudolf von Schoenebeck folgt, der 1624 belehnt wird. Am 4. Oktober 1624 verkauft dieser die Besitzung an den Freiherren Franz von Spiering, Herr zu Sevenar, kurfürstlich Pfalz-Neuburgischer geheimer Rats-Marschall des Fürstentums Jülich, Kämmerer, Amtmann von Neuenahr und der Ämter Sinzig und Remagen, der 1627 förmlich damit belehnt wurde. Dieser starb am 20. Mai 1649.

Ein Neffe Freiherr Wolfgang Franz Ignatius von Spiering heiratet 1670 Katharina Dorothea von Rossum aus Doveren, welche ihm reiche Besitzungen in Doveren zubrachte, so den Kühlerhof mit 238 Morgen, den Loherhof mit 148 Morgen, den Oberhof mit 136 Morgen Bodenfläche und ferner den großen Zehnten zu Doveren. Die Spierings hatten an der Kirche zu Doveren das zweite Beneficium zu vergeben und mußten als Inhaber des großen Zehnten das Schiff der Kirche unterhalten. (Offermanns-Brückmann S. 87, 91.)

Um diese Zeit (Ende des 17. Jahrhunderts) scheinen die Spierings auf der Höhe ihrer Macht gestanden zu haben.

Außer den schon erwähnten Gütern weißt das obenbezeichnete Verzeichnis der Lehnappertinentien von 1717 noch die Grenzen der Herrlichkeit Tüschenbroich nach und zählt noch folgende Rechte auf:
Ziffer 8. In der Herrlichkeit sind 86 steuerbare Hausmanns-Häuser und Höfe, welche jährlich je ein Rauchhuhn im Werte von 2 Blafferden auf das Schloß zu liefern hatten, auch waren die Einwohner „zu Wachen zu dienen, zu Beeckfegen, eisen und sonsten wie von alterß zu thuen schuldig“.
9. Der Crinßhof hat 3 schwere Dienste jährlich zu tun.
10. Der Rottzehnte in der ganzen Herrlichkeit.
11. Die Crintz-Mühle (Kringsmühle) zu Harbeck (Dorp) hat jährlich 4 Summeren Kuchenmehls auf das Schloß zu liefern.
12. Die grobe uud kleine Jagd in der ganzen Herrlichkeit, wie auch
13. an einigen Plätzen im Amt Waßenberg und im geldrischen Gebiet die kleine Jagd.
14. In Wegberg 3 Markttage.
15. Die Erbvogtei des Petersholzes und des Frohnhofs zu Kleingladbach. Das Stiftskapitel zu Cöln hatte jährlichst 4½ Malter Roggen, 9 Malter Hafer, 12 Summeren Weizen und 40 rad. albus cölnisch (Geld) zu geben. Der Erbvogt hatte dafür 2mal das Frohngericht halten zu lassen und den Gerichtspersonen das Tractement zu geben. Das Frohngericht fand auf dem Frohnhof oder auf der Kirchporten zu Kleingladbach durch den Vogt der Herrlichkeit Tüschenbroich mit Gerichtsschreibern und 7 Frohnscheffen statt, die alle nebst dem Frohnboten von den zeitigen Herren zu Tüschenbroich ernannt werden. Zur Verwaltung des Petersholz Busches ernannte der Herr von Tüschenbroich und das Stiftskapitel je einen Förster. Dem Erbvogt stand vom Petersholz jährlich 16 halbe Morgen Holz und Heide Nutzung zu. Ferner hatte der Herr zu Tüschenbroich auf diesem Busche Gebot und Verbot samt den Brüchten und grober und kleiner Jagd.
17. Wenn fremde Bienen in die Herrlichkeit gebracht wurden, mußten von jedem Kaar (Korb) 2 Stüber gezahlt werden.
18. Beim Verkauf eines Gutes in der Herrlichkeit hatte der Herr von Tüschenbroich das Vorkaufsrecht.
19. Niemand durfte ohne Erlaubnis des Herrn in der Herrlichkeit ein Geschäft oder Wirtschaft betreiben, „noch, Wein, Brandewein oder Bier außverzapfen oder verkauffen“ es sei denn gegen eine Abgabe.
20. Der Herr zu Tüschenbroich ernennt Vogt, Scheffen und Boten und hat in der Herrschaft hohes und „legeß“ Hals- und Scheffengericht, Gebot und Verbot, zu „brüchten“ in Geld und Gut, auch zu strafen mit dem Kerker und dem Leben und alle Rechte und Gerechtigkeiten, wie sie die Vorfahren beseßen haben.
35. An Erbpacht war zu empfangen am St. Andreastag 8 Malter, 1 Summer, 3½ Viertel, 3 Pinten Hafer, 15 Hühner, 2 Stein Flachs, 29 „Fetmenger“, 5 Heller leicht, an St. Martinstag 4 Kapaunen, 1 Huhn, an St. Stephanstag 10 Vietel Hafer, 1 Huhn, 1 „Fetmengen“.

Die Spierings hatten ihr Erbbegräbnis in der Kirche zu Wegberg.
Zur Familiengeschichte derer von Spiering gehören folgende Eintragungen in den Registern der Pfarre Wegberg:
1702, 16. 3., geboren Anna Catharina Lowisa, Tochter des Herrn de Spierling und seiner Ehefrau Francisca geborenen de Maly;
1704, 2. 8., geboren Franziskus Bernardus, Sohn von Carl Wilhelm Baron de Spiering und seiner Ehefrau Anna Franciska geb. de Mailly.
Paten waren Franz Wilhelm Baron de Spiering zu Fronberg, Elisabetha Walburgis Baronin de Hatsfeld geborene de Spiering in Tüschenbroich, Bernardus Nicolaus Baron de Metternich de Niederberg, Commendatur Francofurtensis.
1705, 29. 2., geboren Agnes Anna, Tochter desselben;
1708, 16. 7., geboren Laurentius Wilhelm Franziskus, Sohn desselben;
1711, 8. 2., geboren Mechtildis Elenora, Magdalena Walpurgis;
Eine Agnes Louise von Spiering, geboren am 22. März 1724 war 1748 mit dem Freiherrn Theodor Alexander von Hovell zu Sölde, Herrn zu Brachelen und Amtmann zu Wassenberg verheiratet.

Im Jahre 1828 starb die männliche Linie der von Spierings aus. Das Schloß erbte Ida Natalie von Spiering, geb. 1812, die sich mit dem Württembergischen Grafen Carl von Dillen vermählte. Dieser verkaufte 1836 die Herrschaft an den Notar Justizrat Gormanns zu Erkelenz, von dem sie durch Erbgang 1850 in den Besitz der Familie Justizrat Jungbluth in Erkelenz überging, die sie noch heute besitzt.
Einige 100 m vom Schloß entfernt liegt an dem Wege nach Geneiken die St. Ulrichskapelle, die schon 1504—1506 erwähnt wird. Die Kapelle wurde am 15. September 1456 von Heinrich von Melich, Herrn zu Tüschenbroich, mit Einkünften fundiert (Lagerbuch 1656 S. 531, Pfarrarchiv). Weiter wurde sie 1691 durch Baronesse de Spiering und 1709 durch Carl Wilh. Baron von Spiering bestiftet. Um diese Zeit war die Kapelle ein vielbesuchter Wallfahrtsort und „gelobten“ manche der fremden Besucher ihr besondere Einkünfte. Der Gottesdienst wurde von der Wegberger Pfarrkirche aus versehen. Der Muttergottes-Altar dieser Kirche hatte in Tüschenbroich einen „Hof unser lieben Frauen“ genannt. Das jetzige Gebäude, achteckig, mit geschweifter Haube und kleinem offenem Dachreiter stammt aus dem 17.—18. Jahrhundert. Das Innere der Kapelle ist heute nur noch einfach ausgestattet. In den letzten Jahren (1906–1907) wurde die Kapelle wieder etwas in Stand gesetzt.
Eine Sage berichtet, daß zur Zeit der spanischen Herrschaft in den Niederlanden in Tüschenbroich ein Inquisitionsgericht bestanden habe. Die zum Tode verurteilten seien in einen mit Messern gespickten Schacht gestürzt worden, wo sie vollständig zerstückelt in die Tiefe fielen. Genaue Nachforschungen haben keine Beweise für die Richtigkeit dieser Sage ergeben. Etwa 800 m vom Schloß entfernt liegt der Ort Tüschenbroich, der als zum Schloß gehörig in älterer Zeit wohl nur von den Hörigen desselben bewohnt wurde. Heute zählt der Ort 197 männliche, 202 weibliche, zusammen 399 Einwohner in 83 Haushaltungen, die fast nur Landwirtschaft betreiben. Es sind 81 bewohnte und 5 unbewohnte Wohnhäuser vorhanden. Mitten im Ort treten zahlreiche kleine Quellen zu Tage. Im Jahre 1819 wurde ein Haus, welches zum Schulzimmer und Wohnung für den Lehrer dient, angekauft. Die Kosten wurden von den Einwohner aufgebracht. Schon 1837 mußte unter Beibehaltung und Reparatur der Lehrer-Wohnung ein neues Schulhaus gebaut werden. Die Kosten betrugen 798 Thlr., 23 Sgr., 6 Pfg., welche aus dem Erlös des verkauften Dykerheide-Tüschenbroischer-Bruche und Driesches mit 453 Thlr., 29 Sgr., 8 Pfg., der Rest durch Umlage gedeckt wurden.
1841 wird ein Brandspritzenhaus nebst Latrine erbaut; Kosten 168 Thlr., 16 Sgr.
1860 erfolgt die Melioration des Bruches in Tüschenbroich, wozu die Staatsregierung eine Beihilfe von 100 Thlr. bewilligte.
1863 wurde ein neues Schulgebäude errichtet. Kosten 1975 Thlr. Mit Januar 1865 wurde das Gebäude in Benutzung genommen.
1868 neue Latrinen angebaut. Kosten 220 Thlr.
1877 wurde die alte Schulwohnung in baulichen Zustand gebracht, Kosten 345 Thlr.
1904 ein zweite Schulklasse eingerichtet.
Wegen des weiten Weges zur Pfarrkirche erbauten die Einwohner aus freiwilligen Gaben 1865 eine Kapelle und zwar verpflichtete sich jeder Einwohner daselbst von jedem Thlr. Staatseinkommensteuer 100 Thlr. zu zahlen, das sind 10000 %. Die Baukosten betrugen 3200 Thlr. Die Bestrebungen auf Errichtung eines eigenen Pfarrsystems blieben damals erfolglos. 1899 wurde eine Wohnung für einen besonderen Geistlichen erbaut und ein solcher in der Person des Rektors Cordewener ernannt. Diesem folgte der Rektor Hetzer von 1901 bis 2. Januar 1906 und danach der Rektor Aretz.
Nachdem im Jahre 1904 aus den Orten Tüschenbroich, Geneiken, Genfeld, Broich und Brunbeck unter Abtrennung von Wegberg eine selbständige Kapellengemeinde mit eigener Vermögensverwaltung gebildet worden war, erfolgte am 1. Oktober 1907 die Erhebung dieser Kapellengemeinde zur Pfarre. Zur Erreichung dieses Zieles hatten die Einwohner wiederum große Geldopfer bringen müssen. So zahlten sie z. B. freiwillig zur Errichtung des vorgeschriebenen Pfarrfonds für jede Mk. veranlagter Staatseinkommensteuer 20 Mk. zu diesem Zwecke = also 2000%.

Am 12. Dezember 1907 wurde der bisherige Rektor Franz Aretz als erster Pfarrer in sein Amt eingeführt.

Jetzt plant man eine Vergrößerung oder Neubau der zu klein gewordenen Kirche. 1907 wurde auch ein besonderer Friedhof für die Pfarre von der Gemeinde angelegt.
1885, 12. 7., wurde die Gemarkung von einem starken Hagelschlag heimgesucht.


9. Geneiken.

Das Dorf Geneiken liegt 3,8 km südlich von Wegberg an dem Gemeindeweg von Tüschenbroich nach Grambusch–Schwanenberg. Es zählt 47 Haushaltungen, 47 bewohnte, 12 unbewohnte Wohnhäuser und 104 männliche, 109 weibliche, zusammen 213 Einwohner, welche etwa je zur Hälfte der katholischen und der evangelischen Konfession angehören.

Als die Zahl der evangelischen Schulkinder aus Geneiken und Genfeld 48 erreicht hatte und die bisher besuchte Schule zu Schwanenberg zu ihrer Aufnahme nicht mehr ausreichte, forderte die Königliche Regierung zu Aachen durch Verfügung vom 13. Januar 1857 die Errichtung einer neuen evangelischen Schule zu Geneiken. Trotzdem die Gemeinde sich weigerte, mußte sie die Schule mit Ostern 1858 vorläufig bis zum Bau eines Schulsaales in einem gemieteten Raume unterbringen. Das nutzlose ferneren Widerstandes einsehend, beschloß der Gemeinderat dann am 12. Juli 1858 die Aufnahme eines Darlehns von 2300 Thlr. zum Neubau einer Schule, welcher Bau l860 ausgeführt wurde.

Die Zahl der evangelischen Schulkinder geht andauernd zurück, heute beträgt sie nur noch 17.

Ein Antrag der hiesigen Gemeinde auf Vereinigung der evangelischen Schule zu Geneiken mit den Schulen der Gemeinde Schwanenberg zu einem gemeinsamen Schulverbande wurde leider 1909 abgelehnt, dagegen erklärte sich Schwanenberg wohl zur vollen Eingemeindung der Orte Geneiken und Genfeld bereit, worauf Wegberg jedoch nicht eingehen konnte.


10. Genfeld.

Im Dorfe Genfeld bildet die Dorfstraße die Gemeindegrenze, sodaß die eine Seite derselben zur Gemeinde Wegberg, die andere Seite zur Gemeinde Schwanenberg gehört.

Der Wegberger Teil zählt 10 bewohnte, 2 unbewohnte Wohnhäuser, 10 Haushaltungen mit 30 männlichen und 24 weiblichen, zusammen 54 Einwohner, die alle der evangelischen Konfession und der Pfarre Schwanenberg angehören.


11. Broich.

Der Weiler Broich liegt abseits des Gemeindeweges Wegberg—Tüschenbroich und hat 4 Wohnhäuser, 4 Haushaltungen mit 8 männlichen und 12 weiblichen, zusammen 20 Einwohnern.


12. Brunbeck. (S. 125)

Der Weiler Brunbeck ist Broich benachbart, zählt 5 Wohnhäuser, 5 Haushaltungen mit 10 männlichen, 11 weiblichen, zusammen 21 Einwohner.


13. Klinkum.

Klinkum ist ein sich außerordentlich lang erstreckendes und an der Wegberg—Arsbecker Provinzialstraße belegenes Dorf, dessen erste Häuser 1 km hinter Wegberg beginnen und das sich auf eine Länge von 3 km bis fast an das Dorf Arsbeck hinzieht. Es zählt mit dem etwas abseits gelegenen dazu gehörigen Weiler Bischofshütte 171 bewohnte, 12 unbewohnte Wohnhäuser, 178 Haushaltungen mit 439 männlichen und 473 weiblichen, zusammen 912 Einwohner.

In Klinkum bestand früher ein zur Burg in Wegberg gehörender Bauernhof der sog. Cumper Hof. Die älteren Häuser des Orts liegen fast alle etwa 100 m abseits der jetzigen Landstraße. Wie schon vorher erwähnt, führte schon in Römerzeiten ein Weg von Roermond über Arsbeck—Klinkum nach Wegberg.
 
Die älteste bekannte Urkunde, in welcher Klinkum erwähnt ist, stammt aus dem Jahre 1454. (Abschrift im Lagerbuch von 1656 S. 278, Pfarrarchiv Wegberg.) Darin verschreiben die Eheleute Hermann Scherken dem leins Holtschnyders eine Erbpacht von 2 Malter Roggen, und 7 Summeren Even, wogegen dieser auf ihrem Erbe zu Oberklinkum ein Haus mit Scheune baut. Diese Erbpacht war später im Besitz der Pfarrkirche.

Bereits im Jahre 1789 wurde in Klinkum eine Schule gegründet; der Ort muß also schon größere Bedeutung gehabt haben, wenn auch weiter erwähnenswertes aus dieser Zeit nicht zu berichten ist. Der Ort behielt bis zum heutigen Tage seinen fast rein ländlichen Charakter, die neueren Häuser stehen zerstreut an der erst jüngeren Provinzialstraße Wegberg—Arsbeck, sodaß der Ort sich auf eine Länge von 2—3 km erstreckt.
 
In neuerer Zeit baut sich der Ort mehr um die Kirche an.

Aus der Gemeindechronik ist folgendes zu erwähnen:
 
1828 wurde die im Jahre 1820 gegründete Gemeindebaumschule von Wegberg nach Klinkum in den Schulgarten verlegt. Sie ist jetzt längst eingegangen.
 
1835 wurde der Schulsaal durch einen Anbau vergrößert. Kosten = 178 Thlr. 25 Sgr. 4 Pfg., die durch Sammlung im Schulbezirke aufgebracht wurden.
 
1843 fielen in 10 Tagen in einer Nachbarschaft 5 Stück Rindvieh an Milzbrand.
 
1844 wurde an die alte Schule ein neuer Schulsaal angebaut und die Lehrerwohnung ausgebessert. Kosten 1441 Thlr. 15 Sgr., welche Klinkum durch Umlage aufbrachte.
 
1847 wird das Spritzenhaus erbaut. Kosten 119 Thlr. 15 Sgr. 8 Pfg.
 
1856 an der Schule neue Stallungen erbaut. Kosten 520 Thlr.
 
1860 errichtete der Lehrer Küppers eine ländliche Fortbildungsschule, die jedoch nicht lange bestand.
 
1872 traten in Klinkum die schwarzen Pocken (Blattern) auf, von Holland eingeschleppt. Durch Isolierung des betroffenen Hauses nahm die Krankheit keine weitere Ausdehnung.
 
1885 wurde die Feldfrucht am 12. Juli durch einen starken Hagelschlag sehr geschädigt.
 
1896 wurde in Oberklinkum ein zweites Schulgebäude für eine Klasse errichtet, welches 1897 fertig gestellt und am 11. Juli bezogen werden konnte.
 
1901 entstand ein größerer Brand, durch den 4 Wohnhäuser eingeäschert wurden.
 
1910 legte die Zivilgemeinde in Klinkum einen besonderen Friedhof an.

Kirche Klinkum.

In dem großen Orte war lange der Wunsch nach einem eigenen Gotteshause rege gewesen. Eigene Opferwilligkeit hatte schon größere Summen für die Errichtung eines solchen zusammengebracht. Aber die kirchlichen Behörden suchten zunächst die Ausführung zurückzuhalten. Noch in der Sitzung des Kirchenvorstandes der Pfarre Wegberg vom 2. Aug. 1899 wurde folgender Beschluß gefaßt:

Urkunde Nr. 18. (Gemeindearchiv.)
 
„Den Bau einer neuen Kirche zu Klinkum findet der Kirchenvorstand nicht für notwendig, denn 1. die Bevölkerung zu Klinkum nimmt nicht zu, sondern ab; 2. die Entfernung der Einwohner Klinkums von der Pfarrkirche ist nur für einen Teil derselben eine große zu nennen; 3. für die seelsorglichen Bedürfnisse der Einwohner Klinkums ist wie allgemein zugestanden wird, auf das Beste gesorgt. — Was die vollständige Sicherung der Baumittel, als der Mittel zur künftigen Unterhaltung der Kirche anbetrifft, so ist diese zweifelhaft, da die bürgerliche Gemeinde nicht eine reiche oder wohlhabende ist.“
 
Nach dem Tode des damaligen Pfarrers Braun zu Wegberg nahm unter dem neuen Pfarrer Müller die Angelegenheit einen für Klinkum günstigeren Verlauf. Nach Sicherung der Baumittel durch freiwillige Gaben erteilte die Staatsregierung auch ihrerseits die Genehmigung zum Bau einer neuen Kirche. Die Baupläne dazu wurden von dem Königlichen Baurat Daniels aus Aachen angefertigt, die Ausführung, mit der im Sommer 1902 begonnen wurde, dem Bauunternehmer Peter Bartz aus Heinsberg übertragen. Die Kirche ist eine gotische dreischiffige Hallenkirche mit Querschiff, vorgezogenem Chor und vorgebautem Turm. Bei einer Gesamtlänge von 18,13 Meter hat sie eine innere Breite in den Schiffen von 13,65 Meter, in dem Querschiff von 15,32 Meter. Der Turm hat eine Gesamthöhe von 56 Meter. Die Baukosten beliefen sich auf 67 000 Mk. ohne die Fuhr- und Handlangerdienste, die von den Einwohnern unentgeltlich geleistet wurden.
 
Die Grundsteinlegung erfolgte am 29. Juni 1902, 1903 wurde der Rohbau vollendet und 1904 die Kirche fertiggestellt. Am 29. Juni 1905 erfolgte die Konsekrierung der Kirche durch den Weihbischof Müller aus Cöln.
 
1907 wurde ein Pastoratgebäude neben der Kirche erbaut und 1910 am Turm der Kirche eine Uhr angebracht. Die Pastorat kostete im Rohbau 17 000 Mk. wobei ebenfalls die notwendigen Fuhren von den Einwohnern unentgeltlich geleistet wurden.
 
Die Grundstücke für Kirche und Pastorat wurden geschenkt.
 
Am 6. Juni 1909 erfolgte die Weihe der 4 von Glockengießer Otto in Hemelingen gegossenen neuen Glocken mit den Haupttönen: es, ges, as, b. Sie tragen folgende Inschriften:
 
1. CasparVs–VoCor–orIentIs–reX–CLIens–MeVs–Vere–VoCabItVr–In–FIne–eLeCtVs–CIVIs–CaeLestIs.
2. IesVs–ChrIstVs–saLVator–peCCatorIbVs–eXplantIbVs–MItIs–sIt–IVDeX.
3. sanCtVs–IosephVs–patronVs–benefaCtorIs–pII–benIngnVs–aDsIt–nobIs–In–rIgorosIs–eXItVs–nostrI–LVCtaMInIbVs.
4. aVe–regIna–aVe–sanCta–Mater–In–hVIVs–eXILII–neCessItatIbVs–Caros–tVos–aDIVVa.
Das Chronogramm ergibt auf allen Glocken das Jahr 1909.
 
Das Gesamtgewicht der Glocken beträgt 3700 kg. Mit dem gußeisernen Glockenstuhl kosten die Glocken 11 000 Mk.

Bis Weihnachten 1907 wurde der Gottesdienst von Wegberg aus versehen, dann aber als erster Geistlicher der Rektor Leonhard Claßen, bisher in Kreuzau installiert. Am 1. April 1909 erfolgte die Erhebung Klinkums zum selbständigen Rektoratsbezirk.
 
Durch Urkunde vom 22. Dezember 1911 wurde ein an die Pfarre Arsbeck angrenzender Teil der Kapellengemeinde von dieser losgelöst und der Pfarre Arsbeck mit Wirkung vom 1. Januar 1912 überwiesen. Gleichzeitig schweben die Verhandlungen wegen Erhebung Klinkums zur selbständigen Pfarre, die wohl im Laufe des Jahres 1912 zum Ziel führen werden.


14. Weiler Petersholz

Petersholz liegt westlich von Klinkum an dem Gemeindeweg Klinkum—Wildenrath. Es zählte 1910 = 54 männliche, 42 weibliche, zusammen 96 Einwohner in 19 Haushaltungen und 19 bewohnten, 2 unbewohnten Wohnhäusern.

Der Ort ist erst im letzten Jahrhundert angebaut worden. In früherer Zeit war Petersholz ein Erbwald (Gemeinschaftswald.) Der Herr von Tüschenbroich war Erbvogt dieses Busches und des Frohnhofs zu Klein-Gladbach. Zur Verwaltuug des Busches waren 2 Förster bestellt, von denen einer vom Domkapitel, der andere vom Herrn von Tüschenbroich bestellt wurde. Der Herr von Tüschenbroich hatte als Erbvogt jährlich Anrecht auf 16 halbe Morgen Holz und Heide Gerechtigkeit, Gebot und Verbot, sowie die grobe und kleine Jagd. (Verzeichnis der zum Hause Tüschenbroich gehörenden Rechte von 1717.)

Gegen 1824 schwebten Verhandlungen zur Aufteilung des Erbwaldes zu Petersholz, groß 900 Morgen, bestanden mit einigem Birkenschlagholz und einigen Fichten, an welchem 200 Erbberechtigte beteiligt waren. Die Königliche Forst-Administration machte ihrerseits auch Ansprüche geltend, mit der Begründung, daß die Nutznießer keine Eigentümer, sondern blos Erbpächter wären und die Erbpacht noch im Jahre 1798 an das Domkapitel entrichtet hätten.

Am 18. Februar 1824 sprachen sich die Vorsteher und Meistbeerbten des St. Petersholzer-Busches gegen die Teilung desselben aus. Das Verfahren schwebte noch 1857, führte aber schließlich doch zur Teilung unter die Erbberechtigten.


15. Teil des Dorfes Arsbeck.

Die ersten Häuser des im Kreise Heinsberg gelegenen geschlossenen Dorfes Arsbeck gehören noch zur Gemeinde Wegberg und seit dem 1. Januar 1912 zur Pfarre Arsbeck.

Dieser Teil zählte 1910 13 männliche, 17 weibliche, zusammen 30 Einwohner in 7 Haushaltungen und 1 unbewohntes, 7 bewohnte Wohnhäuser.

Historischer Verein Wegberg e.V. - 19.10.2019 - Letzte Änderung: 25.11.2021

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