Historischer Verein Wegberg e.V.

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Panorama-Aufnahme Wegberg mit Burg Wegberg, Forum, Wegberger Mühle, Rathaus und Pfarrkirche St. Peter & Paul, Foto: Heinen
Das historische Datum - 1. Januar 1820

Vor 200 Jahren: Vereinigung der Gemeinden in Wegberg

Eine Grenze ohne Schlagbaum zwischen dem geldrischen und jülichschemWegberg

Von Dietmar Schmitz und Wilhelm Plate
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Berlin, Kerkrade/Herzogenrath und Wegberg: Alle Orte haben eines gemeinsam: Sie sind oder waren geteilt. Berlin war bis vor drei Jahrzehnten in einen kommunistisch geprägten Ostteil und in einen demokratisch-freiheitlichen Westteil geteilt. Kerkrade und Herzogenrath wurden durch den Vertrag von Aachen 1816 getrennt. Die Grenze zwischen den Niederlanden und Preußen verlief über die gemeinsame Hauptstraße. Erst durch das 1985 verabschiedete Schengen-Abkommen fielen die Grenzkontrollen fort.
Und was war in Wegberg? Vor genau 200 Jahren, im Januar des Jahres 1820, fiel eine verwaltungsmäßige Grenze, die Wegberg seit Jahrhunderten in zwei Teile getrennt hatte.
Diese Grenze zwischen den früheren Herzogtümern Geldern und Jülich verlief mitten durch Wegberg. Zum geldrischen Ortsteil gehörten das Gebiet westlich der Schwalm sowie südlich des Beeckbaches, zum jülichschen Ortsteil das Gebiet östlich der Schwalm und nördlich des Beeckbaches.


Das führte zu einer kuriosen Situation: Der größere Ortsteil mit den meisten Menschen, dem Rathaus (von 1772) und der Burg befand sich auf geldrischem Boden. Dagegen lagen Kirche und Kloster auf der Seite des Herzogtums Jülich. Entsprechend hatten beide Ortsteile getrennte Verwaltungen mit eigenen Bürgermeistern. Noch merkwürdiger: Der Pfarrer war zwar für beide Gemeinden zuständig, allerdings unterstand der geldrische Teil dem Bistum Roermond, der jülische Teil hingegen dem Bistum Lüttich. In beiden Teilen galt auch eine unterschiedliche Amtssprache: Niederländisch im geldrischen Wegberg und Deutsch im jülichschen Wegberg.


Zeitlich ist die Teilung Wegberg nicht eindeutig zu belegen. In den alten Rentenbüchern der Pfarre Wegberg aus dem 16./17. Jahrhundert ist von "Wegberg-Geldern" und "Wegberg-Jülich" die Rede. Im Frieden von Venlo (1543) musste Herzog Wilhelm von Jülich das Gelderland endgültig an Habsburg abtreten. Es wurde eine Provinz der burgundischen-habsburgischen Niederlande. Der geldrische Teil Wegbergs gehörte fortan zum "Oberquartier Geldern" mit der Hauptstadt Roermond. Als sich Kaiser Karl V. 1555 ins Kloster zurückzog, übernahm sein Sohn Philipp, als König von Spanien, die habsburgischen Niederlande und mit ihnen auch die Provinz Geldern. Fortan nannte man sie die spanisch-habsburgischen Niederlande.

Bereits der Ausschnitt aus der Karte von Willem Blaeu von 1619 "De Hertoghdomen Gulick en Berghe Juliacensis et Montensis Ducatus" zeigt die territorialen Verhältnisse, die über Jahrhunderte bestand hatten. Die Lage von Wegberg (Berck) ist vermutlich nicht korrekt eingezeichnet.

Kartenschnitt aus Tetrarchia Ducatus Geldriae Ruremondana sive Hispania per F. de Wit, Amsterdam 1706-1711
Die farbige Linie zeigt den Grenzverlauf zwischen dem geldrischen und jülichschem Territorium. Ein erster Blick ist zunächst verwirrend, da die Karte nicht genordet ist.


Hat diese Grenze zwischen dem geldrischen und jülichschen Wegberg auch in den Köpfen der Bevölkerung bestanden? Manche Rivalitäten zwischen der geldrischen Seite (deren Bewohner bis in die 1960er Jahre oft als „die Spanier“ bezeichnet wurden) und der jülichschen Seite lassen dies vermuten. Der ehemalige Rentmeister und Gemeindedirektor Gerhard Evertz formulierte es so: „Die damaligen politischen Interessen sind im Wegberger Raum hart aneinander geraten.“

Selbst die Eroberung von Wegberg 1794 durch die französischen Revolutionstruppen und die Annektierung des linken Rheinlandes durch Frankreich führte nicht zur Beseitigung dieser Teilung. Forthin gehörte das geldrische Wegberg zum Departement Niedermaas (mit der Hauptstadt Maastricht) und das jülichsche Wegberg zum Departement Roer (mit der Hauptstadt Aachen). Somit hatte Wegberg auch weiterhin zwei Bürgermeister. 1800 bzw. 1804 wurde Französisch als offizielle Amtssprache eingeführt.

Nach der endgültigen Niederlage Napoleons und dem Wiener Kongress fiel das linke Rheinland an Preußen. Auch die preußische Verwaltung beließ es zunächst bei der verwaltungsmäßigen Trennung. Bestrebungen zu einer Vereinigung gab es bereits ab 1815. Die Verhandlungen gestalteten sich äußerst schwierig. Erst mit Wirkung vom 1. Januar 1820 wurden beide Gemeinden mit 2.050 „geldrischen“ und 650 „jülichschen“ Einwohnern vereinigt. Die Bürgermeisterei Wegberg gehörte nun zum Landkreis Erkelenz im Regierungsbezirk Aachen.

An dieses vielen Wegberger Einwohnern unbekannte Jubiläum möchte der Historische Verein Wegberg erinnern. Im Laufe des Jahres 2020 wird mit weiteren Veranstaltungen noch näher auf dieses historisches Datum eingegangen.

Wegberg in einem Kartenauschnitt von 1801. Im Departement Niedermaas (rot umrandet) liegen der frühere geldrische Teil Wegbergs sowie Uevekoven, Gerichausen, Watern, Bissen, Klinkum, Harbeck und Rickelrath, im Departement Roer (gelb umrahmt) der frühere jülichsche Teil Wegberg sowie Dorp und Tüschenbroich. (Archiv Historischer Verein Wegberg)

Die textlichen Inhalte dieser Online-Publikation wurden bereits zum Jahreswechsel 2019/2020 in der regionalen Presse veröffentlicht.
> Wegberg vor 200 Jahren vereint - RP Online vom 31.12.2019
> Teilung Wegbergs seit 200 Jahren vorbei - Heinsberger Zeitung vom 11.01.2020
> Gemeinden vor 200 Jahren vereint - Super Sonntag vom 19.01.2020
Für die Online-Publikation wurden weitere Karten und Erläuterungen hinzugefügt.

Historischer Verein Wegberg e.V. - 27.12.2019 - Letzte Änderung: 27.12.2019

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